DIE TERRASSEN DES
PHILOSOPHISCHEN GARTENS
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WELTRANDNOTIZEN Sammelsurium Weltrandnotizen: Randnotizen am Weltrand. Sie sind unsystematisch, unmethodisch, unorganisiert, ungeordnet, unüberlegt, planlos, überstürzt, chaotisch, improvisiert, aus dem Stegreif und ziellos, wie der Lauf der Welt. Sie sind so, wie sie sind; ein Sammelsurium. Ein Sammelsurium ist, ohne seine scherzhafte lateinische Endung, dem Wort nach ursprünglich einfach ein Sammelsur, ein sauer angemachtes Gericht aus gesammelten Speiseresten. Das Wort wird in der Regel abwertend gebraucht; hier aber ist seine Verwendung durchaus aufwertend, indem die Betonung auf das Scherzende gelegt wird. Im allgemeinen ist das Sammelsurium gemäß den üblichen Wörterbüchern etwas, was sich mehr oder weniger zufällig beieinander findet und von unterschiedlicher Art und Qualität ist. In Redewendungen spricht man von einem kunterbunten Sammelsurium, von einem Sammelsurium von Stiften in einem Stiftebehälter oder von einem Sammelsurium von Maßnahmen, die nicht greifen etc. Die Bedeutung von Randnotizen ist geläufig. Was aber bedeutet Weltrand? Um zunächst zu fragen, was die Welt sei, könnte man mit Ludwig Wittgenstein antworten: „Die Welt ist alles, was der Fall ist.“ (Tractatus logico-philosophicus, 5. Auflage, Frankfurt am Main 1989, Seite 11, Satz Nummer 1), oder man antwortet einfach mit der umfassendsten Bedeutung all der Bedeutungen, die in beliebigen Wörterbüchern aufgeführt sind: Dann ist die Welt schlicht das Universum. Der Rand des Universums liegt aber nicht am Rand, sondern paradoxerweise, weil es unendlich ist, überall. Weltrandnotizen sind demnach beiläufige Notizen, die das ganze Universum in den Blick nehmen. Solche Randnotizen können freilich alles andere als Randnotizen sein. Matthias C. Müller, Berlin am 23.5.2023
Die menschlich angemessene „Religion“ ist die Nicht-Religion. Sie läßt die Fragen nach Gott und dem Geheimnis des Universums und des Lebens offen, weil sie sie nicht zu beantworten weiß. Wer zu dieser „Religion“ sich angezogen fühlt, versammelt sich mit anderen Gleichgesinnten zu regelmäßigen Gedenkfeiern, auf denen diese Fragen humorvoll und doch ernst zelebriert werden. Die „Religions“-Angehörigen fühlen sich von ihnen belebt und sind der Auffassung, es sei zu einem wissenschaftlich und menschlich reifen Umgang mit sich und dem Leben nötig, diese nach allem, was man weiß, unbeantwortbaren Fragen sich bis zum Ende immer wieder bewußt zu machen - sie sind das Herdfeuer, das nicht ausgehen soll. Fuß fassen. Das ist eine prominente Aufgabe des Lebens. Doch auch wenn du sie löst, an seinem Ende tragen sie dich mit den Füßen voraus aus dem Haus. In dem Haus, so fest es gegründet sein mag, ist kein zeitloses Bleiben. Am Anfang allerdings, du erinnerst dich freilich nicht, kamst du mit dem Kopf voraus auf die Welt und erblicktest, wenn auch mutmaßlich geblendet, ihr unvergleichliches Licht. Abends bringst du den Fernseher zum Einschlafen. Im Sommer möchte auch das Meer baden gehen.
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